/ecm diskurs 36: Andere kuratorische Praktiken

Buchpräsentation CARMAH Paper #1: Otherwise. Rethinking Museums and Heritage

Input und Gespräch mit: Jonas Tinius, CARMAH/Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin und
Elke Krasny, Akademie der bildenden Künste, Wien
Moderation: Luisa Ziaja, Belvedere Wien, /ecm-Leitungsteam
Der open-access Sammelband Otherwise. Rethinking Museums and Heritage (2018) ist die erste gemeinsame Veröffentlichung des Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage (CARMAH), das seit 2015 von Sharon Macdonald am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin einige der fundamentalen Veränderungen der (Berliner) Museums- und Kulturerbelandschaft ethnografisch erforscht. Im Fokus unserer Arbeit stehen dabei u.a. kuratorische Praktiken und die Selbstreflektionen von KuratorInnen zwischen Theorie und Praxis. Der Sammelband untersucht fünf kontroverse Konzepte, die auf die eine oder andere Weise in akademischen oder kuratorischen Diskursen relevant sind: ‚provenance’, ‚transnationality’, ‚alterity’, ‚post-ethnological’, ‚engagement’. Anhand historischer Abrisse, eigener Forschung wie auch Dialogen mit KuratorInnen und AktivistInnen geht es darum, die lokalen und internationalen Biografien und post-sozialistischen und post-kolonialen Verflechtungen dieser Konzepte innerhalb der Praktiken und Institutionen in denen sie zirkulieren, zu verstehen. Dabei liegt unser Fokus auf der Frage danach, wie man das ‚soziale Leben’ von kritischen Diskursen anthropologisch, das heißt, anhand von Feldforschung und teilnehmender Beobachtung auf ihr Potenzial untersuchen kann, kuratorische Praktiken und Felder zu verändern und ein otherwise – ein anders – ihrer Entfaltung zu denken.

Die Veranstaltung wird eines der Konzepte genauer zur Diskussion stellen: ‚alterity’ oder ‚Alterität’. Aufbauend auf mittlerweile zweijähriger begleitender ethnografischer und kollaborativer Forschung, setzt sich Jonas Tinius’ Projekt und Beitrag zum Sammelband mit der Frage auseinander, wie sich kuratorische Praktiken in kleinen Kunsträumen und Galerien mit Andersheit, ‚othering’ und Differenz auseinandersetzen. Dabei geht es insbesondere um Themen der Marginalisierung, Dekanonisierung und Inklusion von postkolonialen und intersektionalen Perspektiven. Tinius’ aktuelles Forschungsprojekt untersucht diese Positionen anhand von kollaborativen Forschungspraktiken, die insbesondere vor dem Hintergrund des 2019 eröffnenden Humboldt Forums in Berlin lange notwendige Debatten zur Rolle von Kunst und postkolonialer Kritik sowie dem Denken eines post-ethnologischen Museums öffentlich anstoßen wollen.

Nach einem Input diskutiert Jonas Tinius mit Elke Krasny die vorgestellten Ansätze in Hinblick auf ein „andere“ kuratorische Praxis.

Eintritt frei
Anmeldung unter: ecm_anmeldung@uni-ak.ac.at

Freiexemplare des Otherwise Sammelbands liegen bei der Veranstaltung auf. Freier Download hier.

Jonas Tinius hat British und American Studies sowie Kultur- und Sozialanthropologie an den Universitäten Münster und Cambridge (UK) studiert. Für seine Doktorarbeit am King’s College, University of Cambridge (2012-2016) setzte er sich mit deutschem Stadttheater und der Verhandlung von Identität, Migration und Flucht im Theater auseinander. Zwischen 2013 und 2015 leitete er am dortigen Centre for Research in the Arts, Social Sciences and Humanities (CRASSH) das interdisziplinäre Cambridge Performance Network. Seit 2016 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter (postdoctoral research fellow) am Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage (CARMAH) im Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort forscht er zu zeitgenössischer Kunst, kuratorischer Praxis und Umgang mit problematischen Begriffen wie Alterität und Differenz vor dem Hintergrund des Berliner Humboldt Forums. Insbesondere mit der Galerie des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa), der Galerie Wedding und dem Projektraum SAVVY Contemporary entwickelt er hier gemeinsame Forschungsprozesse, die diese Institutionen und deren kuratorische Praktiken reflektieren. Im September 2018 organisierte er dazu am Berliner Haus der Kulturen der Welt die Konferenz Anthropology, Art, and Alterity. Er ist Leiter des Anthropology and the Arts Netzwerkes (mit Roger Sansi) der European Association of Social Anthropologists (EASA).

Elke Krasny, Kulturtheoretikerin, Stadtforscherin, Kuratorin. Professorin an der Akademie der bildenden Künste Wien. Phd an der University of Reading. Zu ihren kuratorischen Arbeiten zählen: Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet 2017–19, mitAngelika Fitz; On the Art of Housekeeping and Budgeting in the 21st Century 2015, mit Regina Bittner; Hands-On Urbanism. The Right to Green 2012; Jüngste Vorträge: Learning from Activism: Social-Practice in Feminist Art, Middlesex University London; Intimate Publics at the Salon, Schwules Museum Berlin; Critical Care. Architecture, Global Dwelling, and Planetary Ethics, University of Thessaly Volos; Care + Repair. Feminist Spatial Practices, WCCW Los Angeles; Wandering Wombs and Arching Bodies, UCLA Los Angeles; Gathering Feminist Resisters: Assemblies, Dinners, Salons, Tribunals, MASP Sao Paulo; Jüngste Publikationen: 'Exposed: The Politics of Infrastructure in VALIE EXPORT's Transparent Space' in Third Text 144; ‘The Salon Model: The Conversational Complex’ in Feminism and Art History Now herausgegeben von Victoria Horne und Lara Perry, und ‘Citizenship and the Museum: On Feminist Acts’ in Feminism and Museums herausgegeben von Jenna Ashton.

Kuratorisches Denken mit Museum of Impossible Form (Helsinki) in SAVVY Contemporary, Berlin. Foto: Jonas Tinius
Veranstaltung