Spuren in Sprache, Raum und Form: Die Angewandte mit Diplomen aus TransArts bei der Vienna Contemporary 2025

05.09.2025
Auflösung ist nicht Verschwinden, sondern Verlagerung, Zerstreuung, ein Überleben in anderer Form: Unter dem Titel You dissolve / It’s just another way you exist präsentiert die Angewandte bei der Vienna Contemporary 2025 von 11. bis 14. September Arbeiten aus der Abteilung TransArts.
Drei Absolventinnen des ausklingenden Sommersemesters zeigen dabei Werke, die sich thematisch im instabilen Raum zwischen Präsenz und Abwesenheit, Erinnerung und Auslöschung, Materialität und Transformation bewegen. Sie fordern uns auf, genau hinzuschauen, was sich auflöst, aber nicht endet, und zu erkennen, wie Spuren in Sprache, Raum und Form fortbestehen.
 
Mit Range 2C00-2C5F lässt Mariia Mihdieieva eine vergessene Schrift wiederaufleben und verwandelt das glagolitische Alphabet, eine antike slawische Schrift, in eine neue Schriftart, die zwischen Code und Kommunikation oszilliert. Ihre Arbeit setzt sich mit der Politik der Lesbarkeit auseinander – wer kann gelesen werden, wer bleibt unsichtbar? – und fordert Raum für Stimmen zurück, die Gefahr laufen, in der Stille zu verschwinden.
 
Maja Bojanićs Yours is the world in which I move uninvited spürt der Wärme eines Körpers nach, der aus den Geschichtsbüchern, aber nicht aus der Erinnerung verschwunden ist. Durch eine Infrarotlinse bleibt die abwesende Gestalt ihrer Urgroßmutter, die 1992 während einer staatlich veranlassten Streichung tausender Einwohner Sloweniens aus dem Einwohnerregister juristisch ausgelöscht wurde, als gespenstischer Rhythmus des Lebens bestehen: als Rückstand von Berührung, Atem und Bewegung, der sich weigert zu verschwinden.
 
Mit Eternal 24/7 wendet sich Katharina Birkmann der zerbrechlichen Figur des Schneemanns zu, einem vergänglichen Wesen, das ständig zu Wasser zerfließt. Zwischen Spiel und Verschwinden, Ökologie und Kultur wird der Schneemann zu einem fragilen Denkmal – ein Symbol dafür, wie wir das Ende betrauern und dennoch versuchen, es festzuhalten.
 
In ihrer Zusammenschau artikulieren diese drei Praktiken Auflösung als einen generativen Zustand. Ob durch Skripte, bürokratische Löschungen oder vergängliche Figuren – die Werke sind als Ablehnung von Endgültigkeiten zu verstehen, sie vermitteln mit Nachdruck, dass das, was sich auflöst, auch Bestand hat. 


Die Angewandte auf der Vienna Contemporary:
11. bis 14. September 2025
Stand F87
Messe Wien 
Trabrennstraße 7
1020 Wien
 
TransArts
Die Abteilung TransArts (Institut für bildende und mediale Kunst) agiert im Spannungsfeld zwischen Kunstpraxis und Kunsttheorie. Ihre Lehre berücksichtigt verschiedene künstlerische Ausdrucksformen (Bildende Kunst, Medienkunst, Literatur, Sound, Architektur, Performance, Schauspielkunst, etc., die miteinander in Dialog treten, sich gegenseitig beeinflussen und beflügeln. Zusätzlich zur kontinuierlichen Betreuung der Studierenden durch das Leitungsteam werden Vorlesungen und Workshops von Gastprofessor*innen und international renommierten Persönlichkeiten angeboten. Auf diese Weise wird die Vielfalt von gegenwärtiger Kunst und Kunsttheorie einprägsam und praxisnahe vermittelt. Kontinuität und Wechsel der Perspektiven ermöglichen bei TransArts eine projektorientierte, zeitgemäße und zugleich zukunftsweisende künstlerische Ausbildung.
 
Biografien:
Katharina Birkmann (*1998 in Berlin, DE) studierte TransArts an der Universität für angewandte Kunst Wien und Textil- und Oberflächendesign an der Kunsthochschule Weißensee Berlin. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im Volkstheater Wien, im Verein der Bildenden Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ), in der Österreichischen Nationalbibliothek und im Savvy Contemporary, Berlin, gezeigt. In ihrer künstlerischen Praxis beschäftigt sie sich mit Material, Zeitlichkeit und Geschichte in den Bereichen Skulptur, Film und Performance. Sie lebt und arbeitet in Wien.
https://katharinabirkmann.net/
 
Maja Bojanić (*1997) ist eine bildende Künstlerin, deren Praxis sich mit der Poetik und Politik des Verbleibens auseinandersetzt. Ihre Arbeit hinterfragt, wessen Narrative bestehen bleiben, wessen verschwinden und welche Kräfte ihre Sichtbarkeit bestimmen. Ihre Arbeiten wurden international präsentiert, unter anderem im Mumok Cinema, Wien (2025); bb15, Linz (2025); Škuc Gallery, Ljubljana (2024); VBKÖ, Wien (2024); City Gallery of Nova Gorica (2024); aqb, Budapest (2022) und P74 Gallery, Ljubljana, wo sie zweimal für den OHO Young Visual Artist Award (2023, 2024) nominiert wurde. Sie hat einen BA in Bildhauerei von der Akademie für Bildende Künste und Design in Ljubljana (2020) und einen MA in TransArts von der Universität für angewandte Kunst Wien (2025).
http://majabojanic.info/
@_majabojanic
 
Mariia Mihdieieva (*2001, Ukraine) hat einen BA in Grafikdesign von der Staatlichen Akademie für Design und Bildende Künste in Charkiw und einen MA in Transdisziplinären Künsten von der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie arbeitet mit Textilien, Malerei, Druckgrafik, Design und Video und kombiniert dabei oft Handwerk mit experimentellen Ansätzen. Ihre Praxis untersucht Schriftsysteme, Sprachen und Migration in Bezug auf Erinnerung, Geschichte und Technologie. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen mit Vertreibung reflektiert sie darüber, wie Schriften Identität und kulturelle Zugehörigkeit prägen, sich oft einer einfachen Übersetzung widersetzen und eine aktive Auseinandersetzung der Betrachter erfordern. Sie hat ihre Arbeiten auf der Klima Biennale Wien (2024), dem Angewandte Festival (2023, 2025) und der Internationalen Öko-Poster-Triennale „The 4th Block” (2018) präsentiert.
@unreal.mari